Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Entsetzen habe ich die Äußerungen Karl Lauterbachs in der Welt gelesen. Allen Ernstes und völlig unverhohlen fordert der SPD-Politiker dort „Maßnahmen … analog zu den Einschränkungen der persönlichen Freiheit in der Pandemie-Bekämpfung“ – zur Bewältigung des Klimawandels! Damit bekommt die Debatte um die Aussetzung von Grundrechten eine völlig neue Qualität.
Bislang war jede Haltung zu den Einschränkungen mit einer unterschiedlichen Einschätzung der Gefährlichkeit des Virus‘ erklärbar. Von der kompletten Ablehnung der Maßnahmen bis zur Forderung nach einem noch viel drastischeren Vorgehen – für die verschiedenen Haltungen schien immer entscheidend, für wie ansteckend und tödlich man Corona bzw. Covid-19 einschätzt.
Ich bin erschüttert, nun festzustellen, dass es offenbar nicht nur die Bewertung von Corona als extrem große Gefahr ist, die Leute wie Herrn Lauterbach immer weitere Einschränkungen fordern lässt, sondern auch die Geringschätzung bürgerlicher Freiheiten. Ohne jede Scham greift Lauterbach einfach das nächste Thema und verlangt die Fortführung einer Politik der tiefen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, welche die gesamte Gesellschaft seit Monaten schwer belastet. Und welches Thema kommt als nächstes? Herr Lauterbach redet einer Diktatur das Wort, wenn er Regierungen das Recht geben will, praktisch beliebig Ausnahmezustände auszurufen. Denn es wird immer ein dringendes Problem geben.
Bisher war ich davon ausgegangen, dass wir nach der Pandemie vollumfänglich zu den Grundrechten zurückkehren. Nun beginne ich zu befürchten, dass das doch nicht so selbstverständlich ist. Ich fürchte, dass Herr Lauterbach (und wer weiß wie viele mehr) Geschmack am autoritären Durchregieren bekommen haben.
Bitte überzeugen Sie mich vom Gegenteil! Bestehen Sie als gewählte Volksvertreter mit aller Entschiedenheit auf unmissverständliche Bekenntnisse zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit all ihren Rechten. Und bitte bestehen Sie ebenso auf Konsequenzen für Herrn Lauterbach! Das Mindeste ist eine Distanzierung des Parteivorstandes und eine öffentliche Entschuldigung. Eine solch demokratiegefährdende Haltung aus der Mitte des Staates ist vollkommen inakzeptabel. Es steht weit mehr als nur die Glaubwürdigkeit Lauterbachs und der SPD auf dem Spiel. Es geht um nichts weniger als um unsere Freiheit!
Mit freundlichen Grüßen,
Gero Ambrosius
(Dieser Brief wurde per Mail gesendet an: Marco Buschmann (FDP), Andreas Hollstein (CDU), Dorothea Kaufmann (Grüne), Christian Lindner (FDP), Cem Özdemir (Grüne), Boris Palmer (Grüne), Wolfgang Schäuble (CDU), Judith Skudelny (FDP) und Carsten Träger (SPD))
Update 12.02.21: Einer der Angeschriebenen hatte in einer kurzen und freundlichen Antwort die Einschätzung geteilt, dass die Äußerungen Lauterbachs nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, wünscht jedoch keine Veröffentlichung seiner Antwort.