Bitte keine Araber!? – An Berlins Antidiskriminierungs- beauftragten

Sehr geehrter Herr Hizarci,

zunächst vielen herzlichen Dank für Ihre wertvolle Arbeit! Gerade Ihr Engagement gegen Antisemitismus imponiert mir sehr! Es wird deutlich, dass Sie nicht nur bei Gedenkveranstaltungen wohlfeile Worte der Mahnung von sich geben und dabei, wie so viele andere, voller Entschlossenheit die Verbrechen der Vergangenheit beklagen, zu denen der Gegenwart aber lieber im Allgemeinen bleiben.

Bild: Danieleliasson, DervisHizarciKreuzberg, CC BY-SA 4.0

Ihre Arbeit macht vielmehr deutlich, dass Sie auch schon lange vor Halle Antisemitismus als konkretes und sehr virulentes gesellschaftliches Problem erkannt haben. Auch weil Sie deutlich machen, dass Sie seine Vielschichtigkeit sehen. Vielen Dank dafür!

Herr Hizarci, ich wende mich an Sie, weil ich gerne in einem anderem Zusammenhang für etwas mehr Differenzierung und Nachsicht werben möchte. Vor wenigen Tagen wurden Sie in verschiedenen Medienberichten im Zusammenhang mit der „Bitte-keine-Araber“-Mail zur Bewerbung eines Architekten arabischen Namens zitiert. Sie sprächen vom hässlichen Gesicht des Rassismus und davon, dass hier aus einer Machthierarchie heraus Gruppen verurteilt würden. Ich halte Ihre Aussagen zu diesem Zeitpunkt jedoch für eine Vorverurteilung, die aus Ihrer Position als Antidiskriminierungsbeauftragter Berlins ebenfalls hierarchisch von oben geschieht und, ehrlich gesagt, auch nicht sehr appetitlich erscheint.

Vorsicht beim Rassismus-Vorwurf

Die öffentliche Etikettierung als Rassist ist hierzulande wohl das schlimmste Urteil, das man über jemanden fällen kann, praktisch synonym mit „Nazi“, ein gesellschaftliches Todesurteil. Gleichzeitig wird kein Vorwurf so leichtfertig erhoben und kein Urteil so bedenkenlos ausgesprochen. Erschütternde 82% der Bevölkerung können die Frage in einer Allensbach-Studie vom vergangenen Mai nicht mehr bejahen, ob sie ihre Meinung in der Öffentlichkeit bedenkenlos äußern würden – gerade zu Themen wie Islam oder Flüchtlinge. Wie viele schweigen aus blanker Angst vor der „Rassismuskeule“?

Möglicherweise liegen Ihnen weitere Informationen vor, aber auf Grundlage der Presseberichte könnte das verurteilte Architekturbüro für ihr Chinageschäft „bitte keine Araber“ wollen, weil es Nachteile durch Ressentiments auf Seiten der Chinesen befürchtet, selbst aber keine hegt. Vielleicht sind sie viel offener als alle denken und haben schon eine ganze Reihe arabischer Architekten eingestellt, aber die Erfahrung gemacht, dass deren Ausbildungsniveau regelmäßig weit unterhalb des deutschen liegt. Dann könnte man die Entscheidung zwar trotzdem falsch finden, aber muss doch bitte die Verantwortlichen nicht gleich als Rassisten brandmarken.

Menschenrechte in islamischen Ländern

Die Angst vor einer vorschnellen Verurteilung führt sicher nicht zu mehr Besonnenheit in der Gesellschaft. Denn die Gedanken werden nur unterdrückt, aus Kritik wird Zorn. Und die Gründe für die weit verbreitete kritische bis ablehnende Haltung gegenüber Arabern bestehen weiter. Denn leider ist sie ja nicht gegenstandslos. Von Islamismus, Terrorismus und Clan-Kriminalität über frauenverachtende, antisemitische und schwulenfeindliche Einstellungen bis zu Autoritarismus und Analphabetismus. Selbstverständlich kann man dies bei Weitem nicht allen Menschen arabischer Herkunft vorwerfen und der Hinweis auf humanistisch ausgerichtete Blogger, demokratisch eingestellte Demonstranten, säkular denkende Wissenschaftler, auf liberal gesonnene Teile arabischer Gesellschaften kann nicht zu oft gegeben werden. Aber die Probleme betreffen doch leider unvergleichlich große Teile. Kein einziges arabisches Land ist demokratisch regiert, in den meisten steht Homosexualität unter schwerer Strafandrohung, teilweise unter Todesstrafe, Diskriminierung bis hin zu Verfolgung religiöser Minderheiten ist der Normalfall. Am deutlichsten wird die Breite der Distanz zu humanistischen Werten vielleicht in der Kairoer Erklärung der Menschenrechte, mit der sich die islamischen Staaten schon vor 30 Jahren in größter Einigkeit und auf höchster Ebene von den Allgemeinen Menschenrechten verabschiedet haben.

Ist das Rassismus?

Auch wenn ich ihn wegen der Pauschalisierung für falsch und gefährlich halte, kann ich den Impuls „Bitte keine Araber!“ leider gut nachvollziehen. Noch einmal: Es ist unglaublich wichtig, immer offen dafür zu bleiben, dass mein arabisches Gegenüber humanistisch, demokratisch, liberal eingestellt sein könnte – arabische und muslimische Querdenker, Aufklärer, Menschenfreunde sind die wertvollsten Mitstreiter, die wir überhaupt haben! Nur leider ist die Zahl der Schwulenfeinde und Antisemiten unter Arabern bedeutend höher.

Es fällt mir etwas schwer, das zu schreiben: Aber wenn ich die Wahl hätte zwischen zufällig ausgewählten tausend Arabern und, sagen wir, tausend Skandinaviern – dann müsste ich nicht lange überlegen. Bitte nicht die Araber! Auch wenn mir die Farbe dabei vollkommen egal ist – Herr Hizarci, bin ich dann nicht auch ein Rassist?

Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen, und sie gerne, genauso wie diesen Brief, auf querstrebe.com veröffentlichen. Entscheiden Sie sich gegen eine Antwort, wünsche ich Ihnen auf jeden Fall alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

Mit bestem Dank und herzlichen Grüßen,

Gero Ambrosius