Asyl zu Weihnachten

Die Flüchtlinge, die weiterhin an der Grenze zu Polen ausharren noch vor Weihnachten nach Europa holen! Das forderte kürzlich die Flüchtlingshilfe-Organisationen Pro Asyl. Eine Organisation, die schon mit ihrem Namen deutlich macht, dass sie in Migrationsfragen großzügige Positionen bezieht. Da in solchen ausdrücklich pro Migration eingestellten Kreisen praktisch niemals gefordert wird, bestimmten Zuwanderergruppen kein Bleiberecht in Europa zu gewähren, läuft es in der Konsequenz auf die Forderung nach einem „Bleiberecht für alle“ und vollkommen offene Grenzen hinaus. Denn außerhalb Europas geht es den Menschen schlecht und hier würde es ihnen ja besser gehen! Das ist sehr mitfühlend, aber kindisch. Die schlechte Situation vieler Menschen außerhalb Europas und ihr verständlicher Wunsch, hier Zuflucht zu finden, können ganz offensichtlich nicht der alleinige Maßstab sein. So hässlich das sein mag: Europa braucht robuste Grenzen, Zäune, ein weit effektiveres Abschiebemanagement und vermutlich auch Pushbacks.

Die Zahlen sind zu gigantisch

Wer auch nur halbwegs regelmäßig Nachrichten konsumiert, weiß, dass die Zahl der Menschen, die in Diktaturen und Autokratien leben, als ethnische, religiöse, sexuelle Minderheiten, politisch Aktive, Journalisten, Menschenrechtler Verfolgung erleben, die Zahl derer, die vor Gewalt fliehen, gigantisch ist. Allein 29 Kriege und bewaffnete Konflikte zählt etwa die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung der Uni Hamburg für das Jahr 2020. Viele der Länder mit gewalttätigen Konflikten und despotischen Regierungen haben dabei extrem hohe Geburtenraten. In Kongo herrscht praktisch seit den 90er Jahren Krieg und jede Frau bekommt durchschnittlich fast 6 Kinder.

Bei 82 Mio. lag laut UNHCR in 2020 die Zahl der Menschen, die weltweit vor Krieg und Verfolgung fliehen. Der höchste Wert in über 70 Jahren UNHCR-Geschichte. Die Zahl steigt stetig. Wahrscheinlich wird sie das weiter tun. Schon die allgemeine Bevölkerungszunahme dürfte auch zu höheren Flüchtlingszahlen führen. Der gut belegten Youth-Bulge-These zufolge steigt aber zudem gerade dort, wo die Geburtenraten besonders hoch sind, auch die Wahrscheinlichkeit für gewalttätige Konflikte und damit die Zahl weiterer Menschen, die vor Gewalt fliehen.

Die Zahlen steigen weiter

Und da sind noch gar nicht die zahllosen Menschen eingerechnet, die unabhängig von Krieg und Verfolgung in Not sind. Denn gleichzeitig dürften sehr hohe Geburtenraten auch die Wahrscheinlichkeit für zunehmende Armut erhöhen. Gesellschaften, die es schon in der Gegenwart nicht schaffen, all ihren Einwohnern stabile Lebensperspektiven zu ermöglichen, müssten schon ein langfristig gigantisches Wirtschaftswachstum erreichen, um das bei den Folgegenerationen mit der jeweils doppelten oder gar dreifachen Menge an Menschen zu schaffen. Und gelingt ihnen das nicht, werden in diesen Gesellschaften notgedrungen immer mehr Menschen versuchen, anderswo ein besseres Leben zu führen oder eben gewalttätig um die knappen Ressourcen konkurrieren.

Selbst wenn wir großzügig Menschen aufnehmen um sie vor Armut zu schützen – es ist bekannt, dass mit dem selben finanziellen Aufwand, den ein „Flüchtling“ in Europa benötigt, in den meisten Herkunftsstaaten einer viel größeren Zahl Menschen geholfen werden kann. Versuchen wir also, über Zuwanderung Menschen vor Armut zu schützen, dann akzeptieren wir zugleich, dass wir weit weniger Menschen helfen als wir könnten. Ginge es wirklich darum, möglichst vielen zu helfen, dann müssten weniger Menschen aufgenommen und mehr Hilfe vor Ort geleistet werden.

Die Aufnahme in Europa ist kein geeignetes Mittel

Man beginnt sich ohnehin zu fragen, wie viele Hunderte Millionen es eigentlich mal werden sollen. Die Zahl der Menschen weltweit, die aus der Perspektive eines satten und behüteten Europäers im Elend leben, liegt absurd weit oberhalb der Zahl derer, die Europa tatsächlich aufnehmen könnte, wenn nicht jegliche Stabilität geopfert werden soll. Wer ehrlich ist, der muss trotz aller Menschenliebe einräumen, dass irgendwann Grenzen gezogen werden müssen. Man kann vielleicht streiten, ab wann das nötig ist, aber nicht ob das nötig ist. Und wenn man Grenzen zieht, dann benötigt man auch robuste Strukturen, um diese zu halten. Die schiere Zahl zwingt dazu.

Die gewünschte Offenheit gegenüber Zuwanderern war vielleicht mal vertretbar in einer Zeit vor Smartphone und Billigflieger. Als es noch nicht möglich war, Informationen über offene Zugänge innerhalb kürzester Zeit bis in die entlegensten Winkel des Planeten zu senden. Als es noch weniger Verkehrsmittel gab und die Menschen noch nicht so mobil waren. Und als es schlicht noch Milliarden Menschen weniger auf der Erde gab.

Aber der wichtigste Grund, der gegen uferlose Migration spricht, ist: die meisten fliehen nicht nur vor autoritären Strukturen, sondern wurden auch durch diese geprägt. Es ist offensichtlich, dass zu viele Zuwanderer neben oft schlechter Bildung und fehlenden Sprachkenntnissen auch antiindividualistische und patriarchale Einstellungen, Frauenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit, aber auch Antisemitismus, Islamismus, Tribalismus und häufig auch ein eher instrumentelles Verhältnis zu Gewalt mitbringen. Wenn wir Hundertausend Somalis aufnehmen, dann sind wir nicht einfach Hunderttausend Menschen mehr, sondern dann bekommen wir Zigtausend Integrationsprobleme zu den vielen bereits bestehenden hinzu.

Moralsysteme kann man nicht mal eben ändern

Oft haben die Herkunftsländer eine lange Geschichte von Gewalt und autokratischen Strukturen und die Menschen keinerlei Erfahrungen mit liberalen Gesellschaftsordnungen. In Afghanistan etwa herrscht seit 1979 durchgehend Krieg. Damit haben alle Afghanen unter 42 Jahren nicht einmal Erfahrung mit Frieden! Geschweige denn mit einer liberalen Gesellschaft. Die kurze Blüte in den afghanischen Großstädten der 60er Jahre oder die zeitweiligen Verbesserungen unter der NATO erscheinen doch eher als Abweichungen von der Normalität einer seit Jahrhunderten mehr oder weniger stark patriarchal und hierarchisch strukturierten Gesellschaft. Und es sieht nun leider überhaupt nicht so aus, als ob es irgendwann eine nachhaltige Entwicklung in Richtung einer demokratischen Gesellschaft geben würde. So wünschenswert positive Entwicklungen sind, es muss davon ausgegangen werden, dass mindestens ein Teil der nichtdemokratischen Staaten – mit etwas Pech die meisten, vielleicht auch alle – weiterhin autokratisch strukturiert und von Gewalt geprägt sein werden. Dabei hat Afghanistan beispielsweise eine Geburtenrate von deutlich über 5 Kindern pro Frau…

Und als Antwort auf die zahlreich mitgebrachten demokratiedistanten Einstellungen und Werte haben wir kaum mehr als ein paar Integrationskurse, in denen die Teilnehmer vor allem die Sprache lernen sollen. Natürlich gibt es in den Kursen auch ein paar Stunden Wertevermittlung. Aber was ein Mensch für richtig und falsch, für gut und schlecht hält, das lernt er über jahrelange Sozialisation durch seine soziale Umgebung, überwiegend bereits im Kindesalter. Ein erwachsener Mensch hat längst ein Moralsystem ausgeprägt und verinnerlicht. Wer etwa von Kind an lernt, dass eine Frau ihrem Mann zu gehorchen und fremden Männern nicht in die Augen zu gucken hat, dass schon ein Kuss außerhalb der Ehe Schande über die Familie bringt oder dass Autorität Gewalt legitimiert, der lässt sich nicht mal eben eines Besseren belehren. Es ist lächerlich, zu denken, so etwas könne man mit einem Volkshochschul-Kurs umprägen.

Weiter helfen, aber ohne Europa preiszugeben!

Das ist alles kein Grund, herzlos zu werden. Selbstverständlich sollte sich Europa weiterhin den fortschrittlichsten Prinzipien der Menschheitsgeschichte, den Allgemeinen Menschenrechten, verpflichtet fühlen. Selbstverständlich sollte weiter Menschen geholfen werden, die verfolgt werden und unter tyrannischen Regimen, Kriegen, Hunger oder Naturkatastrophen leiden. Durch humanitäre Hilfe und die aktive Unterstützung von Demokratiebewegungen etwa. Europa sollte weiterhin tun, was es tun kann. Natürlich wird das niemals reichen, das Leid der Welt zu überwinden, aber Europa hat dann eben getan, was es tun konnte. Die Möglichkeiten sind sowieso begrenzt. Aber wenn es beim Einsatz für Menschenrechte die eigene Existenz untergräbt, ist am Ende keinem geholfen.

Wenn man bei dieser Gemengelage denkt, man müssten jedem, der an einer EU-Grenze steht und das Wort „Asyl“ kennt, Zugang gewähren, blendet man die Konsequenzen einfach aus. Wie ein Kind beharrt man trotzig auf dem schönen Prinzip und verlässt sich wahrscheinlich heimlich darauf, dass die Erwachsenen schon dafür sorgen, dass es am Ende nicht so schlimm kommt. Problematisch wird es, wenn Kinder zu einflussreich werden. Oft übernehmen sie zwar eine verantwortliche Haltung, wenn man ihnen Verantwortung überträgt, aber verlassen kann man sich darauf nicht.

Umso wichtiger wäre es, auch in eher linken Kreisen erwachsene Position in dieser Thematik zu entwickeln. Und eine solche kann hier nur lauten: Wir brauchen eine stabile Begrenzung der Zuwanderung und das geht nicht ohne Zäune und wahrscheinlich auch nicht ohne Pushbacks bei illegalen Grenzübertritten. Europa ist nicht in der Lage, alle Probleme der Welt zu lösen. Und es ist auch allenfalls zu einem kleinen Teil für sie verantwortlich. Verantwortlich ist Europa, sind Europas Regierungen zuallererst für das Leben in Europa. Um das schützen, benötigt es Grenzen. Zeit, erwachsen zu werden.