„DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR – WIR STEHEN FÜR DEMOKRATIE UND RECHTSSTAAT“

So der Titel des von allerlei Prominenz unterzeichneten neuesten Aufrufs gegen Rechts, dem nicht sehr viel mehr an Inhalt folgt, außer Allgemeinplätzen, die praktisch jeder unterschreiben würde. „Völkisches Denken gewinnt Zuspruch. Demokratie und Rechtsstaat geraten unter Druck“ – wer würde widersprechen? Denn völkisches Denken ist es ja letztlich auch, wenn gefordert wird, man müsse dunkle Haut haben um Dreadlocks tragen oder indigener Australier sein um Didgeridoo spielen zu dürfen. Es gibt nicht nur rechte völkische Ideen, die von Linken abgelehnt werden.

Druck auf Demokratie und Rechtsstaat“ besteht auch, wenn in Umfragen regelmäßig große Teile der Bevölkerung angeben, ihre Meinung lieber nicht frei zu äußern oder schon gemäßigte Islamkritiker aus Angst vor Übergriffen ihre Tätigkeit einstellen – eher rechte Sorgen um Demokratie und Rechtsstaat. Aussagen, die von der eigenen Meinung abweichen, lassen sich ohnehin immer leicht als „populistische Vereinfachungen“ und „Hass und Hetze“ diffamieren, egal welcher Couleur man selbst ist.

Und es ist ja toll, wenn alle gegen Hass und für Menschenwürde sind! Das Grundgesetz wird ja guterweise mittlerweile von links bis rechts als Bezugsgröße herangezogen. Man denke nur an die allgemein als rechts eingeordneten Corona-Demos gegen die Einschränkungen von Persönlichkeitsrechten in der Pandemie, als Demonstranten mit Grundgesetzen in der Hand Polizeitrupps gegenüber standen. Vermutlich würde so wohl auch der größte Teil der als „Rechts“ diffamierten unterschreiben, dass die Demokratie „die beste Staatsform“ ist, „die es je in Deutschland gegeben hat„.

Aber so meinen sie das mit ihrem Aufruf natürlich nicht. Sie meinen die „Feinde unserer Verfassung, die von der AfD angeführt werden„, nicht solche die der Antifa hinterherlaufen. Es geht ihnen also offensichtlich weniger um die Verfassung als um Gefahren für die Verfassung aus einer bestimmten Richtung.

Wehe ihr weicht ab!

Was dabei genau als verfassungsfeindlich abgelehnt wird und warum, da bleibt der Aufruf ziemlich nebulös. Man hält es da lieber kurz und knackig, wie einer der Initiatoren kommentierte. Weiteres muss man nicht erklären. Oder besser noch, weiteres sollte man nicht erklären? Denn je unschärfer die Anklage, desto größer die potentielle Angriffsfläche. Die Leute wissen ja, dass man zum Rechtsradikalen mittlerweile schon erklärt werden kann, wenn man nur an Männlein und Weiblein glaubt.

So ist der Aufruf nicht mehr als eine weitere Trompete im „Kein Millimeter nach Rechts“-Fanfarenchor: Wir sind im Besitz der Wahrheit – folgt uns, oder ihr seid unsere Feinde! In Zeiten starker Polarisierung und einem von vielen wahrgenommenen zunehmend verengten Meinungskorridor wird der einzige Effekt sein, die Angst, seinen eigenen Kopf zu benutzen, noch ein kleines bisschen weiter zu erhöhen. Ein Bärendienst für die Demokratie.

Aber nützlich natürlich für die Profilierung der Unterzeichner.